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Biography

Die Geschichte von Scarlet geht bis in das Jahr 1984 zurück. Gitarrist Terry Henderson nimmt mit dem ex-Love Affair-, ex-Widowmaker-Sänger Steve Ellis drei Demosongs auf. Bass und Schlagzeug werden von Studiomusikern eingespielt. Das Demo geht an verschiedene Plattenfirmen. Einige kleine Labels, die hauptsächlich Bands der NWoBHM unter Vertrag haben, bekunden Interesse.

Ein Problem ist allerdings der Projektcharakter, denn es gibt weder eine feste Band, noch einen festen Sänger. Steve Ellis steht aus vertraglichen Gründen weder für eine Band noch für einen Plattenvertrag zur Verfügung.

Dennoch werden weitere Songs angefordert. Da Terry Henderson der alleinige Initiator hinter dem Projekt ist, muss er erstmal Geld für weitere Studioaufnahmen auftreiben. Wiederum mit Steve Ellis‘ Hilfe wird in dessen Haus in Brighton an neuen Songs gearbeitet, die später auch von ihm eingesungen werden. Um Kosten zu sparen, verzichtet Terry Henderson diesmal auf professionelle Studiomusiker. „Es war eine Katastrophe“, lacht er heute. „Man hatte mir zwei Heavy Metal-Musiker empfohlen. Allerdings hatten die noch nie etwas davon gehört, dass Bass und Schlagzeug zusammen spielen sollten, genauer gesagt, was eine gute Rhythmusgruppe ausmacht.“

Diese 1985 entstandenen Aufnahmen sind soundtechnisch in Ordnung, klingen aber wegen des unpräzisen Spiels der Rhythmusgruppe kraftlos und unprofessionell. Mit einigen dieser Songs und zwei des ersten Demos wird weiter nach einer Plattenfirma gesucht. 1986 kommt es zu einem Vertragsabschluss mit einem deutschen Label und Terry Henderson macht sich in London mit einer Anzeige im Melody Maker auf die Suche nach Musikern für eine feste Band.

Es war schon unglaublich, dass ich Steve Ellis für die Demos hatte. Widowmaker’s erstes Album war immer eine meiner Lieblingsplatten. Aber wer sich da alles auf die Anzeige meldete, war erstaunlich. John McCoy von Ian Gillan war darunter. Als alter Gillan-Fan hätte ich ihn natürlich gerne als Bassisten gehabt.“
Unter den Drummern ist Andy Beirne (ex-Dirty Tricks, ex-Grand Prix). „Grand Prix war nie mein Ding, aber Dirty Tricks schon. Ich kannte Kenny Stewart, ihren Sänger, schon länger, ebenso Terry Horbury, aber Andy hatte ich nie zuvor getroffen.“

(Dirty Trick, d.h. Andy Beirne (dr), Terry Horbury (b) und John Fraser Binnie (g), stellten die erste Besetzung von Ozzy Osbourne’s neuer Band Blizzard Of Oz, bevor dieser wieder zu Black Sabbath zurückkehrte).

„Ich besuchte also Andy im Proberaum seiner Band in London. Er hörte sich die Demos an, sagte zu, bestand aber darauf, dass ich Martin Connolly, den Bassisten seiner Band, dazu nehmen soll. Er argumentierte, dass sie ein eingespieltes Team seien. Inzwischen war mir ja klar, dass eine gut eingespielte Rhythmsection die halbe Miete ist. Somit musste ich John McCoy leider absagen, aber es war die richtige Entscheidung.“
(Martin Connolly hatte unter anderem bei Rick Wakeman, Van Morrison, Nicko McBrain’s Drumclinic, Cheetah, sowie in einer Funband mit Nicko McBrain und Adrian Smith – beide Iron Maiden – gespielt).

Die Suche nach einem Sänger stellt sich aber als Problem heraus:
„90 Prozent der Tapes, die ich auf die Anzeige zugeschickt bekam, konnte ich gleich aussortieren. Die übrigen Sänger, die ich dann persönlich traf, stellten sich auch als nicht geeignet heraus. Ich konnte Steve und seinen Manager dann doch noch überzeugen, zumindest auf der Platte mitzumachen. So kam es unter anderem zu der Vereinbarung, ihn lediglich als „special guest“ führen zu dürfen und nicht als festes Bandmitglied, was wiederum meinem Label nicht so gut gefiel.“

Im Januar 1987 kommt die Band nach Deutschland und bezieht für ein paar Wochen ein altes Haus mit 13 Zimmern, von denen 6 noch möbliert sind. In der Nachbarschaft wird ein Proberaum gemietet. Zwei Wochen Proben und eine Woche Studio stehen auf dem Plan.
„Dieser Winter war so kalt, dass wir den Proberaum nicht nutzen konnten. Selbst die Bierflaschen im Raum waren gefroren und geplatzt.“
Schnell werden im Keller des Hauses, gegen die ursprüngliche Vereinbarung mit dem Vermieter, ein provisorischer Proberaum eingerichtet und Fenster so abgedämmt, dass die Nachbarn nicht gestört werden.
„Der Vermieter wohnte gleich nebenan und ich musste ihn überzeugen, dass uns nichts anderes übrig blieb, als doch im Haus zu proben. Nur über eine höhere Strom- und Heizungspauschale wollte er darauf eingehen. Dann lief bald die Heizung nicht mehr, weil die Ölleitung aufgrund der Kälte versulzt war. Das und die Gefahr, dass auch die Wasserleitungen und Heizkörper gleich einfrieren und wir deswegen das Heizöl jede Stunde direkt aus den Tanks pumpen mussten und von Hand in den Brenner gossen, führte zu weiteren Spannungen mit dem Vermieter. Diese wurden noch verstärkt, als er mitbekam, dass seine Tochter immer mit uns abhing.“

Nach zwei Wochen Chaos und Stress steht endlich der Studiotermin an. Am ersten Tag, nach Soundcheck und Abendessen, liefern sich Terry Henderson und Andy Beirne ein Wettrennen. Beirne stürtzt auf spiegelglatter Straße so schwer, dass man befürchtet die Aufnahmen um Wochen verschieben zu müssen.
„Er hatte einige Prellungen und Schürfwunden. Aber vor allem eine starke Verletzung, so dass es eigentlich unmöglich war, weiterzumachen. Er bestand aber darauf, dass wir Kältespray besorgen und es probieren. Wir haben dann tatsächlich „The Days Are Gone“ eingespielt, den Track, der am schwersten für ihn war, weil wir davon ausgehen mussten, dass die Prellungen in den folgenden Tagen noch mehr anschwellen werden.“

Doch der eigentliche Ärger beginnt erst. Die Plattenfirma hat ohne Absprache einen Produzenten angeheuert, der anfangs nur als Toningenieur vorgestellt wird. Nach den Aufnahmen der Basictracks erklärt dieser dem Label, dass alles zu „oldfashioned“ klinge und er auf eine kommerziellere Richtung mit viel Keyboardsounds bestehe. Stichwort: Bon Jovi. „Also genau die Sounds und Musik, die ich hasste und gegen die ich bewusst antreten wollte.“

Nach ein paar Tagen werden die Aufnahmen der Overdubs abgebrochen und liegen für Wochen auf Eis. „Das Label erklärte sich nur bereit in meinem Sinne weiterzumachen, wenn ich einen eigenen Toningenieur auf eigene Kosten dazu hole.“
Der ist in der Person von Hardy Heinlin, Henderson`s späterem Partner, bald gefunden. Die beiden dürfen nur nachts zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens ins Studio. Tagsüber sind andere Bands dort. Das manuelle Mischpult muss jede Nacht auf „Scarlet Sound“ eingestellt werden und morgens wieder auf die Einstellungen, wie es jeweils vorgefunden wurde. Das Aufnehmen der Gitarren und das Abmischen der LP zieht sich somit über Monate hin. An eine vernünftige Zusammenarbeit von Label und Band ist nicht mehr zu denken. 

„Das nächste Problem war das Cover. Ich wollte keine billige, klischeehafte Fantasyzeichnung, sondern einen echten, abfotografierten Schriftzug. Den ließ ich eigens von einem Goldschmied anfertigen, der für die ganzen Bikerclubs in Deutschland Schmuck nach deren Angaben herstellte.“

Nach langem hin und her erscheint die LP mit dem Titel „Red Alert“ schließlich 1988. Das Label will das ganze Produkt samt Verträgen an eine andere Plattenfirma verkaufen. „Vor denen hatten mich Musiker aus England und Deutschland aber eindringlich gewarnt. Also kaufte ich die Erstauflage selbst und uns aus den Verträgen heraus.“

Während ihrer Zusammenarbeit 1987/88 beschliessen Terry Henderson und Hardy Heinlin, ein eigenes Tonstudio zu bauen. Dieser Bau beansprucht nun die ganze Aufmerksamkeit und „Red Alert“ liegt erneut auf Eis. Martin Connolly geht zu dieser Zeit zu Black Sabbath und arbeitet mit ihnen an den Proben und der Vorproduktion zu „Headless Cross“; ist aber vor den eigentlichen Aufnahmen wieder draußen.

1989 tritt dann eine überraschende Wende ein:
„Durch meine Kumpels von Saint Vitus, allen voran Wino, habe ich Kontakt zu Hellhound Records bekommen. Irgendwo in der Schweiz haben wir uns Backstage getroffen. Sie wollten „Red Alert“ rausbringen, aber nur unter der Bedingung, dass wir die Platte neu abmischen. Ich dachte nur: „Gott sei Dank“, denn das wäre auch unsere Bedingung gewesen.“
In den eigenen, nun fertiggestellten Marquee-Studios, wird „Red Alert“ neu abgemischt und erscheint als LP und CD auf Hellhound Records. Der Vertrieb ist SPV.

„Manfred Schütz, der Gründer und damalige Chef von SPV, hat mich dann in ein Hotel nach München bestellt. Ein super Typ. Er hatte unsere Musik total verstanden und mir gesagt, ich solle aus Hellhound wieder raus und direkt zu SPV kommen. Jahrelang hatten wir kein Label und nun sozusagen eines zuviel.“

Im Sommer 1990 treffen sich Henderson und Schütz dann in Hannover bei SPV, um einen neuen Plattenvertrag auszuhandeln. Dieser soll über drei LP/CD-Produktionen gehen und es sind für Terry Henderson unerwartet hohe Summen im Gespräch. Das Sängerproblem und die zeitlichen Abläufe werden ebenfalls behandelt.

„Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass wir erst einen neuen Sänger suchen müssen, aber er meinte nur, er würde mir bei der Wahl voll vertrauen und sicherte mir zu, die Verträge in den nächsten Wochen fertig zu machen und zur Unterzeichnung zuzuschicken.“

Terry Henderson fliegt darauf hin nach London, um gemeinsam mit Andy Beirne und Martin Connolly einen Sänger namens Colin Peel zu treffen. (Der ex-Cannes-, ex-Outside Edge- Sänger erhielt eines der seltenen Stipendien an der legendären Schauspielschule „Lee Strasberg Institute“ in London und spielte neben Roger Daltrey (The Who) und Chesney Hawks in dem Film „Buddy’s Song“ mit. Später ging er zu Praying Mantis).

Man ist sich sofort sympathisch und beschließt, noch im selben Jahr mit Songwriting, Proben und Studioaufnahmen beginnen zu wollen. SPV versichert nochmals, dass alles laufen wird wie abgemacht und die Verträge in wenigen Tagen in der Post seien. Für Oktober bis Dezember werden daraufhin das Studio und die Flüge gebucht. Henderson begibt sich nach Griechenland, um auszuspannen und an den neuen Songs zu arbeiten.
Nach seiner Rückkehr folgt die Ernüchterung. Die A+R-Chefin des SPV Unterlabels, auf dem die Band unterkommen soll, stellt sich quer. Sie fühlt sich bei den Gesprächen und Abmachungen übergangen. Als sie dann noch hört, dass Scarlet einen neuen Sänger haben, fordert sie erstmal neue Demoaufnahmen auf Kosten der Band an, um danach erst eine Entscheidung fällen zu wollen.

„Ich rief einen Bekannten von mir an, der zu dieser Zeit bei SPV arbeitete. Der erklärte mir, dass ich das Opfer einer Privatfehde sei, die zwischen Schütz und dieser Frau ablief und die ganze Scarlet-Sache zusätzlich hohe Wellen geschlagen hätte und ich es besser vergessen soll. Nach den früheren Erfahrungen war mir klar, dass, wenn eine Sache schon wieder so anfängt, wir besser die Finger davon lassen.“

Trotz hoher Schulden von der ersten Scarlet-Produktion und des Studiobaus hält Terry Henderson am Plan fest und zieht die kompletten Aufnahmen durch.

Die eigenen Marquee-Studios verfügen neben 4 Aufnahmeräumen auch über eine große 3-Zimmer-Wohnung im selben Komplex, in der die Musiker unterkommen. Geprobt wird in einem der großen Aufnahmeräume.

„Der ursprüngliche Plan war, dass wir 2 – 3 Wochen an den neuen Songs arbeiten und proben. Dann kam die Idee, nur jeweils an einem Song zu arbeiten und ihn dann sofort aufzunehmen. Dazu mussten wir das Equipment verdoppeln. Also zwei Schlagzeuge, zwei Gitarrenverstärker usw. Wenn ein Song soweit war, dass er sich gut anfühlte, sind wir nach vorne ins Studio, wo alles zur Aufnahme bereit war. Zusätzlich haben Martin und ich nicht wie üblich Kopfhörer benutzt, sondern es stand eine große laute P.A. im Hauptraum, die ich extra dafür gemietet hatte. Lediglich Andy im Schlagzeugraum musste über Kopfhörer einspielen. So entstand ein maximales Livefeeling.“

Über das erste Halbjahr 1991 verteilt wird die Produktion abgemischt.
„Da wir mit dem Studio Geld verdienen mussten, konnten wir es natürlich nur nutzen, wenn es keine Buchungen gab. Die gab es aber reichlich.“
Ebenso reichlich war nun der Kontakt zu vielen Indie-Labels, die die Marquee-Studios buchten.

„Durch die Zusammenarbeit mit diesen Labels lernte ich die geschäftliche Seite des Musikbusiness besser kennen und verfügte nun auch über viele Kontakte. Seit der SPV-Sache hatte ich zudem den Amerikaner Robert Lyng als Manager und Berater (Autor der Standartwerke „Musik und Moneten“ und „Die Praxis im Musikbusiness“). Er hatte auch schon die Verträge mit meinen Musikern und mir als Produzenten gestaltet. Das, was ich in vielen Privatgesprächen von ihm und von der Zusammenarbeit mit den Labels lernte, ließ in mir erstmals den Gedanken an ein eigenes Label aufkommen. Dazu hätte ich aber neben Kapital einen großen Vertrieb gebraucht, ebenso einen Musikverlag.“

Ein Verlag für Scarlet ist mit L.M.P. Hamburg bald gefunden, aber noch ist die Gründung eines eigenen Labels reines Gedankenspiel, und noch werden Tapes an Plattenfirmen verschickt. Dies soll sich 1992 ändern. Die legendäre US-Band Blue Cheer bucht die Marquee-Studios, um ihre in England eingespielte LP „Dining With The Sharks“ abzumischen. Hardy Heinlin wird daraufhin als Mischpultexperte für die kommende Tour mit Blue Cheer, Mountain und The Outlaws engagiert. Terry Henderson als Tourmanager.
„Auf dieser Tour haben sich die Labelgründungspläne konkretisiert, denn Dickie Peterson (Blue Cheer), Hughie Thomasson (The Outlaws) und Leslie West (Mountain) hatten starkes Interessen an meiner Idee und wollten gerne auf das Label kommen.“

Nach der Europa-Tour (April – Mai 1992) wird das Label unter dem Namen „New Sceneland Records“ gegründet. Vertrieb ist der SPV-Konkurrent Semaphore.
„Blue Cheer konnte ich leider nicht aus ihrem alten Vertrag herausbekommen. Man hatte mir und Dickie Peterson mit einem Prozess gedroht, falls wir doch zusammenarbeiten würden. Wir haben uns aber all die Jahre immer wieder mal getroffen, bis kurz vor seinem Tod.“
Hughie Thomasson löst die Outlaws auf und geht zu Lynyrd Skynyrd. „Auch ihn habe ich bei Skynyrd noch Backstage getroffen, auch er ist heute nicht mehr unter uns.“
Das selbe gilt für den ex-Outlaws- und späteren Skynyrd-Bassisten Ean Evans.

Mountain‘s LPs aus den 70-ern sowie neue Produktionen erweisen sich als zu teuer, um sie als kleines Newcomerlabel neu auflegen zu können. Das Label bringt neben der Scarlet-CD, die Ende 1992 unter dem Titel „Ship Of Fools“ erscheint, stattdessen später eigene Produktionen heraus und nimmt Fremdproduktionen mit in den Vertreib auf. 

1992 werden in London von dem bekannten Musikszene-Fotografen Ron Reid (bekannt u.a. durch seine Arbeit mit John Lennon und als langjähriger Hausfotograf des Londoner Marquee-Clubs) an drei Tagen Promotionfotos von der Band geschossen.
„Er hat mich damals in diesen drei Tagen zum Vegetarier gemacht und ich bin es bis heute geblieben.“

Zurück in Deutschland beginnt Ende 1992 die mühseelige Labelarbeit. Trotz starker Unterstützung von Limb Schnoor (L.M.P. Hamburg) und guter Plattenkritiken lässt sich wegen zu geringer Mittel eine halbwegs professionelle Arbeit nicht realisieren. Zudem steht ein Studioumzug und Neubau an.

Einen großen Hoffnungsschimmer gibt es überraschend im Juni 1993, der sich im Nachhinein als letztes Aufbäumen von Scarlet erweist.

„Edel-Records wollten ausgerechnet unseren Song „Ship Of Fools“ für ihre „Best of Metal-Hammer, The Ballads“-Reihe. Für mich ist dieser Song allerdings unfertig, soundtechnisch überfrachtet und nur mit schlechten Erinnerungen verbunden. Ich hatte versucht, sie zu überreden, lieber „Sarah“ zu nehmen. Aber sie wollten „Ship“ und wer sagt schon nein zu so einer Chance; zumal wir so zusammen mit Black Sabbath, Uriah Heep, Gary Moore und neueren, angesagten Bands auf eine Scheibe kommen konnten.“

Trotzdem Terry Henderson die Tour mit den Outlaws, Blue Cheer und Mountain als die mitunter beste Zeit seines Lebens bezeichnet, machen sich eben durch diese Tour erste Zweifel breit, ob das Musikerdasein überhaupt etwas für ihn ist.
Hardy Heinlin fängt zu dieser Zeit an, Flugsimulationssoftware zu programmieren.
Der Studioneubau, der eineinhalb Jahre dauert und riesige Summen verschlingt, wird noch realisiert. Ein Jahr nach Eröffnung ist Schluss. Heinlin und Henderson können nach Jahren des Ärgers mit Managern , Plattenfirmen, dem täglichen Umgang mit den Musikern und Labels, die als Kunden ins Studio kommen, dem gesamten Musikbusiness nichts mehr positives abgewinnen.

„Als Hardy‘s Flugsimulationssoftware kommerziell durch die Decke ging, hat er sich nur noch dieser Sache gewidmet. Es war wie der lang ersehnte Befreiungsschlag. Bei mir hat es leider noch ein Jahr gedauert, bis ich loslassen konnte. Danach bin ich bei ihm eingestiegen.“

Die Marquee-Studios und Scarlet sind Geschichte. Terry Henderson widmet sich neben der Softwarefirma nun dem Kunsthandel und Kunsthandwerk. In einem seiner Lager steht seit 15 Jahren die Revox Mastermaschine aus den alten Studiozeiten.

„Vor ein paar Jahren habe ich das mit einer dicken Patina aus Nikotin überzogene Ding mitgenommen und ein altes Scarlet-Masterband eingelegt. Da hat es mich fast umgehauen. Seit fast 20 Jahren war ich nur die digitale Abmischung auf CD gewöhnt. Wir hatten den Mix damals aber parallel aufgenommen, also rein digital und rein analog zugleich. Diese Analogbänder hatten wesentlich mehr Dynamik und einen deutlich – auch im Stereobild – breiteren Klang und waren insgesamt angenehm wärmer. Da die Revox nicht sauber lief und Knackgeräusche machte, haben wir schnell alle Bänder digitalisiert, allerdings nur mit 16 Bit-Wandlern. Heute gibt es natürlich ganz andere Möglichkeiten. Alles, was man hier als „free-download“ hört, stammt von diesem Überspielprozess. Man kann einige der Geräusche leider hören. In „Sarah“ ist für kurze Zeit ein Kanal verzerrt, bevor er zum Schlusschorus wieder einsetzt. Danach hat die Maschine den Geist ganz aufgegeben.“

Weitere Jahre vergehen, in denen Terry Henderson von einer Veröffentlichung im Internet absieht. Die alten Verträge und mögliche Auseinandersetzungen mit Plattenfirmen und Verlagen, sowie die Befürchtung, seine ehemaligen Mitmusiker könnten irgendwelche Probleme damit haben, halten ihn davon ab.

Mittlerweile sieht er es gelassen: „Es steht jetzt eh alles auf YouTube und es gibt viele Seiten, bis nach Russland, auf denen man sich alles gegen Bezahlung runterladen kann. Noch niemand von früher hat darauf reagiert und mich freut es sogar. Aber sinnvoller ist es, nun eine eigene Seite zu haben; mit Infos, einer passenden Auswahl an Songs und mit einem besseren Sound. Und vor allem alles als free-download. Die kommerzielle Seite interessiert mich nicht mehr. Was mich heute umtreibt kann man auf www.vehonis.de nachlesen. Vielleicht gibt es ja sogar Rockfans die mich bei diesem Projekt unterstützen wollen.“